Der Unterschied zwischen „Anfassen“ und „Berühren“

 

Der Unterschied zwischen „anfassen“ und „berühren.“ und was ist eigentlich „mehr“?

 

Oft werde ich von Männern gefragt, ob man mich bei der Massage auch anfassen kann.

Oder die Herren möchten auch mich verwöhnen, da sie es so sich so schön vorstellen oder so konditioniert sind. Dabei komme ich immer ein bisschen ins Schleudern, da ich keine Pauschalantwort geben mag.

Da es ein großes Thema bei der Tantramassage ist, möchte ich diesem Thema jetzt einige Gedanken widmen.

 

Liebe Männer, ich kann euer Bedürfnis verstehen! Da gibt es keine Frage. Es ist eine Sehnsucht nach berühren, nach Haut spüren und auch nach Kontakt und Geilheit. Ich habe prinzipiell kein Problem damit, da ich es aus eigenem Erfahren gut verstehen kann, aber es gibt es leider ein „aber“ dabei…

 

Und das ist der kleine Unterschied zwischen „anfassen“ und „berühren“

 

Ich bin Tantrikerin und dementsprechend auch etwas sensibilisiert, was Kontakt und Berührung betrifft. Einige Jahre Arbeit und Spielerei auf dem Gebiet lassen mich sehr schnell Unterschiede erkennen in der Art wie angefasst und berührt wird. Und der große Unterschied ist die Absicht der Berührung.

 

Darauf möchte ich ein wenig genauer eingehen, um diesen Unterschied verständlich zu machen.

Angefasst wird zumeist nach einem eigenen Bedürfnis, weil es dazu gehört zur Vorstellung von Erotik, weil wir es so gelernt haben oder weil es geil macht.

Nun ist die Tantramassage aber nicht dazu da, gewohnte Vorstellungen zu bedienen oder sich an bestimmten erotischen Vorstellungen aufzugeilen. Es geht mehr darum, den eigenen Körper als sinnlich-erotisches Feld wahrzunehmen, zu erkunden und zu genießen.

 

Das geht wiederum besser, wenn ich nicht in gewissen Vorstellungen verhaftet bin, sondern mich dem eigentlichen gegenwärtigen Erleben öffne…

Ich als Masseurin bin lediglich eine Art Werkzeug dafür, in diesen Körperraum einzutreten und du wirst bei mir viel Haut, Körperwärme, Zärtlichkeit, Erotik, Spirit und Sinnlichkeit auf deinen ganzen Körper zu spüren bekommen.

Wenn ich massiere bin ich in einer Art Flow, ich kommuniziere quasi mit deinem Körper, so gut es mir möglich ist und so gut es dein Körper vermag, mit Atmung, Bewegung und Energie mir zu antworten. Dabei bin ich sehr stark auf dich und deine Körpersprache konzentriert. Wenn du mich dabei anfasst ist das eher eine Ablenkung, ich kann deine Berührungen nicht zeitgleich genießen, da ich ja mit der Aufmerksamkeit bei deinem Körper bin. Und du kannst meine Berührungen nicht wirklich zeitgleich genießen, weil du mit der Aufmerksamkeit in deinen Händen und bei dem bist, was du von mir willst.

 

So „reden“ wir quasi aneinander vorbei und sind nicht wirklich im Kontakt. Das ist zwar leider oft so in der Erotik, aber das ist nicht Tantra!!!

Und ich schätze mal, das war auch nicht deine Ausrichtung, die Massage zu buchen. Denn ich glaube, dass die Sehnsucht dahinter, die nach dem wirklichen Kontakt ist…

 

Leider wissen wir oft aber viel zu wenig, über Berührung, wir haben so viel sinnloses Zeug in der Schule gelernt, aber wie Intimität und Sexualität wirklich funktioniert hat uns leider keiner beigebracht.

Meiner Erfahrung nach, sind die meisten Männer, die anfassen möchten nicht mit mir im „hier und jetzt“ sondern im „mehr“ wollen. Aber was ist dieses „mehr“, nach dem ich oft gefragt werde?

 

Ich glaube, das ist ein Teil unserer kapitalistischen Gesellschaftsstruktur, immer „weiter“ „schneller“ „höher“ und „mehr“ haben zu wollen. Und wir kommen doch nie da an, weil „mehr“ nicht „hier“ und nicht „jetzt“ ist, schlichte Gegenwart..

 

Wenn ich „mehr“ will, bin ich im „Wollen“ und nicht im „Sein“. Und das ist eine never-ending-story. Vielleicht finde ich kurzzeitige Befriedigung wie beim Konsumieren leckerer Eiscreme, aber es ist keine Erfüllung. Die Süße steigert kurzzeitig das Energielevel, aber fällt dann schnell wieder ab und es verlangt in mir bald nach mehr Süßem…

Auch „anfassen wollen“ ist oft ein Teil dieses „mehr“. Es ist eine Gewohnheit, wie Sexualität funktioniert. Aber ich möchte dich gern einladen, alte Gewohnheiten infrage zu stellen, dich auf neues einzulassen. Anfassen ist wirklich nur der halbe Spaß, es bringt dich nicht tiefer. Wenn du im „haben wollen“ bleiben willst, buche bitte lieber eine Erotik-Massage oder eine normale Prostituierte, keine Tantramassage.

Ich massiere und berühre mit meinem ganzen Körper, du wirst also viel Haut spüren… ich lade sie ein, nicht nur deine Hände, sondern deinen ganzen Körper als Genussinstrument zu erfahren…

 

Und wie ist das für mich?

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Nun, es gibt da eben gewisse Unterschiede in der Qualität der Berührung und das ist eins der wichtigsten Tools im Tantra.

 

Berührungsqualitäten zu schulen und auch zu unterscheiden lernen. Wenn mich jemand fragt, ob er mich „verwöhnen“ kann, weil es für ihn dazu gehört eine Frau auch zu „verwöhnen“, möchte er etwas, was ich nicht unbedingt möchte. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass ich fast regelmäßig davon ausgehen kann, dass es sich am Ende nicht gut anfühlt.

Also mich zu „verwöhnen“ ist sein Bedürfnis, nicht meins!!! Ich werde gern aufmerksam berührt, aber „verwöhnen“ ist nur ganz selten aufmerksame Berührung. Oft ist es verdrehte, uneingestrandene Bedürftigkeit.

Auch bin ich prinzipiell sexuell ausgelastet und meistens nicht bedürftig. Ich muss nicht von meinen Gästen verwöhnt werden, ich achte als erfahrene Körperarbeiterin darauf, meine „Batterien“ anderweitig aufzuladen und nicht die Energie von meinen Gästen zu nehmen.

Der Energieausgleich findet bei einer gebuchten Tantramassage auf der finanziellen Ebene statt, ich brauche keine zusätzliche Verwöhnung.

 

In unserer Gesellschaft ist es aber nicht gerade „in“, bedürftig zu sein, vor allem nicht für sich selbst. Somit wird dem unbewusst meist ein Deckmäntelchen angezogen, das sich dann eben „verwöhnen“ nennt. Die Ausrichtung ist dabei aber nicht klar, wir haben es da mit einer sogenannten Doppelbotschaft zu tun. Der körperlichen Bedürftigkeit und den ausgesprochenen angeblichen „verwöhnen“.

Nun ist es aber so, dass ich als Tantrikerin sehr feinspürig bin und mein Körper diese Doppelbotschaft wahrnimmt. Diese Unklarheit in der Berührung fühlt sich eben nie gut an, auch wenn sie gut gemeint ist.

 

Und da kommen wir dann in ein Dilemma. Du willst mich verwöhnen, aber es fühlt sich für nicht gut an, du spürst wiederum auch, dass es für mich nicht das Gelbe von Ei ist und wir kommen in eine Negativspirale.

Oder du merkst es nicht, weil du dich selbst nicht gut spürst und gehst gut aufgeladen aus der Massage und ich bin kaputt und genervt und muss meine leer gewordenen Batterien anderweitig wieder aufladen.

 

Dass ich keine Lust habe, das allzu oft zu erleben, kannst du dir sicher vorstellen.

Und das ist ungefähr die Ausrichtung, die ich mit „anfassen“ gleich setze. In der Berührung ist keine Präsenz, kein Forschen, keine Neugierde und kein wirkliches „kennen-lernen-wollen“. Es ist ein altes Bedürfnis, eine Wiederholung des Gewohnten, das nicht mit mir als Frau und Person zu tun hat. Kein menschliches Gegenüber auf Augenhöhe und nicht in Kommunikation miteinander…. ich bin eher dein Objekt (der Begierde?)

 

Berühren fühlt sich allerdings ganz anders für mich an. Sehr berührend…

Und dazu braucht es nicht mal viel Wissen oder Erfahrung. Erstaunlicherweise sind es meine behinderten oder eingeschränkten Gäste, die trotz viel weniger Erfahrung eine tiefere Berührungsqualität mitbringen.

 

Wie kommt das, wirst du dich vielleicht fragen.

Nun, darüber habe ich mir auch sehr viele Gedanken gemacht, die eben jetzt in diesen Artikel münden. Ich kann hier nur spekulieren… aber vielleicht ist es so, dass unerfahrene oder eingeschränkte Menschen sich ihrer Bedürftigkeiten eher bewusst sind. Zwangsläufig, denn die Gesellschaft stößt sie immer mit der Nase darauf. Sie brauchen kein Deckmäntelchen mehr dafür, die Situation ist eh klar.

 

Die Ausrichtung ist oft klarer, aus Mangel an Gelegenheiten haben sich noch nicht so viele Gewohnheitsmuster aufgebaut. Dadurch sind sie neugieriger, gegenwärtiger, forschungsfreudiger… es ist etwas ganz besonderes, Haut zu spüren, es werden keine alten Muster abgespuhlt. So gehen beide glücklich, aufgeladen und erfüllt aus der Begegnung.

 

Deshalb möchte ich dich einladen, dir deiner inneren Ausrichtung bewusst zu werden, dir die Zeit dafür zu nehmen, zu erforschen, was du eigentlich willst. Nur so kann eine wirklich erfüllende Begegnung zwischen dir als Gast und mir als Masseurin stattfinden. Der Schlüssel beglückender intimer und sexueller Begegnungen ist immer die Präsenz und Bewusstheit. Und das ist für mich Tantra!

 

Kein räucherstäbchengeschwängertes Wohlfühl-Eiapupeia und auch keine objektbezogene Geilheit (wobei Geilheit an sich kein Problem ist), sondern Bewusstheit in allem, was ich bin und tue.

 

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FRAGIL

Wenn du sie berühren willst,
berühre sie seelenvoll, lieber Mann.
Berühre ihren Körper nicht nur,
weil er dir Lust macht und du
dich körperlich angezogen fühlst
und dich befriedigen willst.

Halte einen Moment inne und
schau´ ihr in die Augen.
Sieh´und spüre sie, ihre Seele
und ihren Körper.
Spürst du, wie oft und schmerzvoll
ihr Körper benutzt wurde?
Siehst du, wie fragil sie ist?

Wenn du dich nicht behutsam und
zutiefst liebevoll mit all´ deinen
Ebenen einbringen kannst, lass´sie
in Ruhe.
Davon hatte sie genug.
Es braucht ein Neues, lieber Mann.
Eins, wie du es kannst, auch wenn
du es noch nicht versucht hast.
Tief in dir weißt du, dass du es anders,
besser kannst.
Trau´ dich.
Trau´ dich zart heran.

<3 Herzenslichter <3

Text: von der wunderbaren Milena Fluss
psychologische Heilpraktikerin/
spirituelle Begleiterin

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Mit besten Dank an die Inspiration von Tobias Ruland in seinen Buch „Die Psychologie der Intimität“

Tobias Ruland, Die Psychologie der Intimität

was Liebe und Sexualität miteinander zu tun haben

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